Im Freundeskreis wurde schon mehrfach über eine Überquerung der Alpen mit dem Mountainbike gesprochen. Die leichteste Route wäre die Via Claudia von Garmisch Partenkirchen nach Riva del Garda. Gemeinsam mit meiner Frau Veronika wollte ich die wichtigsten Römerstrassen, die den süddeutschen Raum mit Norditalien verbindet erkunden.
Um die 460 kM lange Radtour über 6100 Höhenmeter zu genießen braucht man viel Ausdauer, Kraft, und etwas Fahrtechnik. Nach mehreren Probefahrten entschlossen wir uns für Vroni ein sportliches E-Bike zu kaufen. Ich fuhr mit meinem bewährten Mountainbike mit Muskelkraft. Die Fahrtechnik wurde durch Tagestouren im Silvretta Gebiet und im Schwarzwald trainiert.
3 Tage vor dem Alpencross hatten wir beide noch eine Schrecksekunde, als Vroni im Bereich vom Herzogenhorn/Feldberg von der Piste abkam und in ein Bachbett rauschte. Bei dem darauf folgenden Überschlag zog sie sich eine Rippenprellung zu ,die sie doch etwas behindern sollte.
Aus dem Internet (http://www.gps-tour.info ) konnte ich mir die Tour ( 40708 ) auf mein Navigationsgerät laden. Als Nothilfe für technische Probleme mit dem Navi und zur besseren Orientierung besorgte ich mir einen Kompass Autokarte Nr. 358 Tirol, Südtirol, Trentino im Maßstab 1:250 000.
Über eine Checkliste aus dem Internet wurden die Rucksäcke gepackt. Es war schon eine Herausforderung alle wichtigen Gegenstände für eine 6-tägige Tour in einen 25 Liter Rucksack zu bekommen. Dabei durfte der Rucksack gerade mal 6 kg wiegen, um nicht zu arg zu behindern.
Als am Freitag 19.08.2011 der Langzeitwetterbericht 4 Tage sonniges, heißes Wetter meldete war für uns klar, dass das die optimale Zeit für den Alpencross gekommen war.
Am Samstag 20.08.2011 ging es mit dem Auto über die Schweiz nach Österreich danach über den Fernpaß nach Garmisch Partenkirchen. Wir erkundeten die urgemütliche Fußgängerzone und übernachteten in einer Ferienwohnung.
Am Sonntag 21.08.2011 starteten wir nach einem ausgiebigen Frühstück bei strahlend blauem Himmel und ca. 20 Grad unsere erste Tagestour. Dabei hielten wir uns genau an das Roadbook aus der GPS Info.
Tag 1:
Garmisch – Tarrenz
1240 Höhenmeter , 62 KM , Fahrzeit : 4:30 Stunden
Wetter: sonnig, 25 – 35 Grad
Von GAP Bahnhof über teilweise steilen Anstieg über den Panoramaweg zum Eibsee.
Mittag Brotzeit in der Hochthörlehütte. Dabei wurde der Akku vom E-Bike in knapp 1 Stunde wieder aufgeladen.
Rasante Abfahrt nach Ehrwald, danach teilweise sehr steiler Aufstieg zum Fernpaß. Traumhafte Abfahrt zum Schloß Fernstein.
Übernachtung in Tarrenz bei Imst.
Tag 2:
Tarrenz – Nauders
950 Höhenmeter , 79 KM , Fahrzeit : 4:41 Stunden
Wetter: Sonne , strahlend blauer Himmel und Temperaturen 25 – 35 Grad.
Leichte Tour entlang des Inntal-Radwandewegs,Highlight: Alte Innbrücke Finstermünz. Großen Respekt hatte ich vor einer Familie die mit den Bikes und einer 2-jährigen Tochter im Anhänger in Richtung Riva unterwegs war . Satte 35 kg Zusatzgewicht mussten die Beiden mit sich herumschleppen und hatten dabei alle 3 viel Spaß.
Sehr steiler Anstieg auf Piste zur Festung Nauders, danach weiter Aufstieg auf der Reschenpaß-Straße. Bei den vielen Anstiegen verlor der Akku sehr schnell an Leistung. Ca. 1 KM vor Nauders war er leer und Vroni musste den Rest des Weges (mit dem 21 KM schweren Bike) per Muskelkraft zurücklegen.
Tag 3:
Nauders – Tesimo
1400 Höhenmeter , 109 KM , Fahrzeit : 5:31 Stunden
Wetter: Sonne , strahlend blauer Himmel und Temperaturen 25 – 35 Grad.
Aufstieg über den Reschenpaß zum wunderschönen Reschensee.
Ab Ende Reschensee lange Abfahrt über geteerte Radwege ins Vinschgau. Weiter nach Prad am Stilfser Joch, dann über Meran nach Lana. Der geteerte Radweg am Reschensee entlang war sicherlich ein Highlight der Tour.
In Meran wurde es dann doch sehr heiß. Die Temperaturen gingen über die 35 Grad und es folgte der Gampenpass über 1200 m Aufstieg zum Gampenjoch. Allerdings entschlossen wir uns die Hälfte des Passes zu fahren und in Tesomo im Schwarzen Adler zu übernachten.
Tag 4:
Tesimo – Cavedago
1900 Höhenmeter , 89 KM , Fahrzeit : 5:58 Stunden
Wetter: Sonnig, 25- 35 Grad
Gleich nach dem Frühstück wurde die zweite Hälfte des Gampenpasses in Angriff genommen. Danach erfolgte eine traumhafte Abfahrt durch die weiten Obstanbaugebiete nach Cles. Wechselnde An- und Abstiege, danach steile Abfahrt nach Sporminore. Extremer Aufstieg auf Trails durch die Obstgärten nach Spormaggiore. Danach weiter auf der Paßstrasse durch die gigantische Brenta-Gruppe nach Cavedago.
Durch die vielen Höhenmeter musste der Akku des E-Bikes während der Kaffeepausen 2 mal nachgeladen werden. Sehr schnell kamen wir mit Einheimischen ins Gespräch, die auch Routenabkürzungen kannten. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit folgte ich einem Tipp. Vroni mit dem E-Bike voraus. Hoch motiviert kurbelte sie eine ca. 25 % Steigung auf einem betonierten Waldweg hoch. Nach intensivem Kartenstudium teilte ich ihr per Handy mit, dass sie falsch war. Zu Fuß mit beiden Händen an den Bremsen schob sie das Bike wieder den Berg hinunter. Er war viel zu steil zum Fahren. Wir verloren viel Zeit und auch Kraft um die Tagestour wie geplant zu ende zu fahren und entschlossen uns in Cavedago zu übernachten.
Tag 5:
Cavedago – Roveretto – Brenner
590 Höhenmeter , 92 KM , Fahrzeit : 4:33 Stunden
Wetter: Sonnig, 30 – 39 Grad
Von Cavedago ging es leicht bergauf nach Andalo und nach kurzer Abfahrt an den idyllischen Lago di Molveno. Auf befestigten Schotterwegen führte uns der Weg in Richtung Nembia. Hier weichen wir von der Tourenplanung erneut ab und folgten den Teerstraßen nach Ranzo. An einem der vielen landschaftlich sehr reizvollen Rastplätzen hielt ich an um ein Foto zu schießen. Eine italienische Familie war dazu gerne bereit. Trotz Sprachproblemen wurden wir prompt zum Picknick mit leckerem italienischem Wein eingeladen. Wären wir der Einladung gefolgt, wären wir warhscheinlich heute noch nicht vom Alpencross zurück. Über Arco erreichten wir schließlich unser Ziel Riva del Garda. Geschafft!!!!!!
Mit einer Bruscetta, italienischem Caffe Latte und viel Wasser und Cola genießen wir die einzigartige Stimmung an einem kleinen Kaffee direkt am Hafen von Riva und füllen dabei den Akku des Bikes auf. Um den tumultartigen Szenen bei der Bikeverladung am Bahnhof in Rovereto an den Wochenenden zu entgehen, entschließen wir uns noch unsere Tour fortzusetzen. Über Torbole erfolgt ein 300 Höhenmeter langer Anstieg in Richtung Roveretto auf den Zug. Die Bikeverladung gestaltet sich doch nicht ganz so unproblematisch wie erwartet. Eine Grossfamilie mit zwei Tandems und zwei grossen Anhängern verlädt vor uns die Räder und blockiert damit sämtliche Bikeabteile des Regionalzuges. Kurzerhand entschließen wir uns mit den Rädern in die 2. Klasse zu wechseln. 2 Stationen weiter verlässt die Großfamilie den Zug und wir wechseln wieder ins Bikabteil. Dies gestaltet sich jedoch mit einem 21 kg schweren Rad deutlich schwieriger als mit einem normalen Bike.
Danach geht es bis nach Bozen. Dort wechseln wir in den Regionalzug auf den Brenner. Von dort aus geht es mit dem Bike ca. 10 KM nach Gries, wo wir nach einem langen, ereignisreichen Tag voller positiver Eindrücke übernachten.
Tag 6:
20 Höhenmeter , 35 KM , Fahrzeit : 1:15 Stunden
Wetter: Bewölkt, 14 – 32 Grad
Abfahrt früh morgens. Mit einer ungewohnt hohen Durchschnittsgeschwindigkeit legen wir die restliche Stecke bergab zum Hauptbahnhof nach Innsbruck zurück. Schnell noch etwas Verpflegung im Supermarkt für die Zugfahrt besorgt und schon sitzen wir im Regionalexpress über Seefeld und Mittenwald nach Garmisch wo wir gegen Mittag eintreffen. Erleichtert stellen wir fest, dass unser Auto noch am gewohnten Platz steht. Über Friedrichshafen geht es dann mit dem Auto zurück nach Blumberg.
Die gemeinsame Radtour hat uns Beiden gefallen. Teiweise machten uns die hochsommerlichen Temperaturen mehr zu schaffen als die steilen Anstiege und die langen Tagesetappen. Für Vroni war es mit dem E-Bike möglich unvergessliche Eindrücke zu sammeln, die bisher nur austrainierten Sportlern möglich waren. Mit der 250 Watt Unterstützung des Elektromotors konnte sie bergauf ohne extreme Belastung einen gleichmässigen Rhythmus fahren und war dabei noch etwas schneller als ich.
Dies war für sie wie Doping und verlieh zusätzlich Flügel.
Auf der Ebene riegelte der Motor des E-Bikes bei 25 kM/H ab, so musste sie öfters mal etwas härter in die Pedale treten bzw. ich etwas langsamer fahren. Bei schnellen Abfahrten war sie sehr viel vorsichtiger unterwegs. Technisch schwierige Passagen musste sie grundsätzlich schieben. Allerdings war das E-Bike für solche Passagen mit den schmaleren, profilierten Reifen und ohne Hinterradfederrung auch nicht ausgelegt.
Uns hat es Beiden sehr viel Spaß gemacht und wir können diese Tour nur empfehlen.
Vroni und Klaus Loder