Boulder- eine typische amerikanische “Kleinstadt” mit etwas mehr als 110 000 Einwohnern. Als wir von Denver herkommend Boulder erreichten, konnte ich mir nicht vorstellen, warum so viele Triathlon Profis diese Stadt als ihr Trainingsdomizil wählen. Langgezogen und mit vier Spuren auf der Hauptstrasse näherten wir uns dem Stadtzentrum. Wo trainieren die vielen Athleten nur, wo fahren diese Velo, auf dieser Strasse? Unvorstellbar bei diesem Verkehr und den tausend Ampeln!

Sehr zur Freude entpuppt sich die “Altstadt” wunderschön, schnuckelig, sehr gepflegt mit kleinen Grünanlagen in der Mitte, netten Läden links und rechts, verkehrsberuhigt und mit vielen Möglichkeiten die müden Beine nach einem langen Tag auszuruhen. Die Landschaft rund ums Städtchen ist traumhaft. Links ragen die majestätischen Rockys in den Himmel, rechts eine zarte Hügellandschaft mit viel Grün und grossen Viehweiden, getrennt durch weisse Lattenzäune.

Geschwommen wird im Boulder Reservoir, hübsch angelegter See mit tiefbraunem Wasser, wo die Sicht gleich Null ist. Normalerweise darf nur in einem kleinen öffentlichen Bereich geschwommen werden. Für den Ironman stellte der Veranstalter am Freitagabend und Samstagmorgen extra Seeretter und Bademeister, damit in einem Rechteck von rund 750 Metern gekrault werden konnte. Dafür wurde aber für amerikanische Verhältnisse eine happige Eintrittsgebühr von 10 Dollar pro Person eingezogen. Der See hatte sich in den letzten Tagen durch die enormen Temperaturen schon mächtig aufgeheizt und im Neo blieb einem fast die Luft weg so heiss war es. Trotzdem hat sich der Organisator nicht darauf eingelassen und erst am Wettkampftag mitgeteilt, ob mit oder ohne Neo geschwommen werden darf.

In Amerika gibt es die Möglichkeit auch bei einem Neoverbot mit Neo zu schwimmen. Dafür wird eigens eine Startgruppe eingerichtet am Schluss des Teilnehmerfeldes und die Athleten kommen weder in die Wertung noch gibt es die Quali für Hawaii. Für schlechte Schwimmer ohne Ambitionen aber optimal.

Die erste Wechselzone muss in einem längeren Lauf erklimmt werden. Nach dem Umziehen ist es empfehlenswert in Socken die restlichen rund 300 Meter bis zur Mount Linie zurückzulegen. Die Schuhe entweder schon eingeklinkt oder in der Hand tragend. Es geht einen knackigen Hügel hoch.

Das Radfahren wird in einem drei Rundenkurs absolviert rund um die Hügel von Boulder. Eigentlich sind es zwei Runden a rund 70 Km und noch einer kleineren Runde mit zwei happigen Anstiegen ins Ziel. Der Kurs ist für den übrigen Verkehr nicht gesperrt, was auf den grossen Hauptstrassen zu einem schmalen Streifen für die Athleten führt. Die kleinen Strassen sind kein Problem, da nur sehr wenig Verkehr unterwegs ist. Sämtliche Kreuzungen und gefährliche Hindernisse sind sehr gut gesichert und weithin sichtbar.
Es ist ein ständiges Auf und Nieder mit langgezogenen aber sanften Anstiegen inmitten einer traumhaften Landschaft und langen, technisch einfachen, dennoch rasanten Abfahrten. Zuschauer gibt es nicht sehr viele entlang der Strecke. Es werden auch nur sehr wenige kleine Ortschaften durchfahren, sonst herrscht Einsamkeit auf der Landstrasse. Hie und da steht ein Anwohner vor dem Haus und jubelt den Athleten frenetisch zu. Auf den letzten 10 Kilometern in und durch die Stadt wird man mehr angefeuert. Auch die Polizisten schreien dich ins Ziel. Dieses befindet sich im Footballstadium der örtlichen High School und wird nur durch einen längeren Sprint zu Fuss erreicht.

Für den abschliessenden Marathon haben sie sich einen schönen zwei Runden Kurs auf dem “Veloweg” der Stadt ausgesucht. Kein Verkehr, ruhig mit vielen Zuschauern im Städtchen drin. Mehr oder weniger immer entlang eines kleinen Flüsschens im Schatten vieler Bäume. Auch hier gibt es einige wenige Höhenmeter zu überwinden, immer dann wenn es über oder unter dem Fluss durchgeht. Die letzten Kilometer führen ins “Naherholungsgebiet” der Stadt und sind an einem heissen Sonntag gesäumt mit tausenden von wasserverrückten Abenteurern, die mit ihren Gummireifen auf dem Fluss surfen. Dieses Stück zieht sich endlos bis du nach der zweiten Runde auf die Zielgerade abbiegen darfst. Vorbei am Stadion auf die Hauptstrasse, dieser entlang durch die Fussgängerzone ins Ziel.

Das Rennen selber ist schnell erzählt: Schwimmen ohne Neo, Radfahren, Laufen, Essen und Schlafen!

Der Anlass ist hervorragend organisiert. Es gibt genügend Schuttle-Busse am Morgen zur ersten Wechselzone, die nur mit Bussen erreicht werden kann und sowohl Athleten wie auch Zuschauern offen stehen. Sämtliche Parkhäuser rund um die Stadt sind am Sonntag kostenlos und die meisten auch jederzeit frei zugänglich für die Ein- und Ausfahrt während des Wettkampfes. Die Region rund um Boulder ist sehr einladend und bestens geeignet für einen längeren Aufenthalt.

 

Thomas und Corina Landtwing