Es ist Sonntag, der 4. August frühmorgens um 06:00h. Die Sonne geht auf und die ersten Sonnenstrahlen dieses Morgens wärmen die Haut. Ich und 49 weitere Einzelstarter sowie über 50 Teamschwimmer stehen in der Schlossbadi in Rapperswil. Mein Blick geht nach Westen in Richtung Zürich, dorthin, wo ich in Kürze losschwimmen werde. Ich will an diesem Tag den Zürichsee längs von Rapperswil nach Zürich durchschwimmen; 26.5km am Stück und mit mir ein ganzer Haufen anderer verrückter. Was für eine Herausforderung!
Nun stehen wir also da in Badehose, Badekappe und Schwimmbrille und schmieren uns mit Sonnencréme, Vaseline oder Melkfett ein. Warum das alles? Hatte ich mich doch in der Kategorie Senioren über 40 mit Neopren eingeschrieben. Doch drei Tage zuvor hiess es, das Wasser sei mit weit über 24 Grad zu warm, wir müssten wie im Triathlon ohne Neo schwimmen. Diese Hiobsbotschaft musste ich erst verdauen, hatte ich doch auf Neopren schwimmen hin trainiert.
Bei der Registration erfuhren wir, dass wir nun doch mit Neopren schwimmen durften. Doch ich hatte mich bereits entschieden, das Abenteuer ohne Anzug in Angriff zu nehmen und mich mental entsprechend darauf eingestellt und doch war mir etwas mulmig ohne den schwarzen Gummisack zu schwimmen.
Kurz vor 07:00h. Die 80 Begleitboote haben bereits auf dem Wasser Position bezogen. Jedes wird einen Schwimmer oder ein Team begleiten. Ich bin erstaunlich ruhig als um Punkt Sieben dann der Startschuss erfolgt. Vielleicht auch deswegen, weil alle so ruhig waren und keine Hektik herrschte nicht wie beim Triathlon; und los geht’s. Der Start ist im Gegensatz zum Triathlon richtig gemütlich; kein Gedränge, keine Hände oder Füsse im Gesicht, die einem die Schwimmbrille runterreissen, es geht richtig gesittet von statten. Okay, es sind ja auch nur 50 Einzelstarter, da ist genügend Platz für Jeden. Nach nur rund 10 Minuten finde ich bereits mein Begleitboot mit meinen drei Betreuern. Oliver, mein Sohn, der mich während den folgenden Stunden mit Verpflegung versorgen wird. Remo, mein bester Kollege und Freund und der trompetende Stefan, der vom Veranstalter als Ruderer gestellt wurde. Remo, Stefan und auch Oliver wechseln sich während meiner langen Reise nach Zürich beim Rudern ab. Totz Velohandschuhen werden sie sich Blasen an den Händen holen. Danke, Remo, Stefan, und Oliver für euren tollen Einsatz und gute Besserung euren Händen.
Es geht zügig voran, vorbei am ersten Orientierungs-punkt Kehlhof vorbei an Stäfa, Männedorf bis Uetikon. knapp vor Meilen bei halber Strecke ist es dann vorbei mit Sonne, dunkle Wolken nähern sich aus Westen. Wind kommt auf und das Wasser wird zunehmend unruhiger. Auf einmal sehe ich beim Luftholen links und rechts die Warnlichter in den Häfen blinken und denke besorgt; hoffentlich wird’s nicht Schlimmer. die Wellen, mittlerweile gegen vierzig Zentimeter hoch, schwappen laufend über mich drüber, als ich Luft hole und die unzähligen Schluck Seewasser, die ich abbekomme, huste ich laufend wieder aus.
Zwischen Meilen und Feldmeilen wird es sehr anstrengend, muss ich mich doch durch dieses kleine Unwetter kämpfen, das kostet enorm Kraft aber ans Aufhören denke ich nicht. Ich muss weiter schwimmen, denn Pausen machen ist während dieser gut 1 ½ stunden unmöglich: Wer inne hält, wird konstant mit Wellen eingedeckt und kann sich kaum ruhig halten.
Nach Feldmeilen wird das Wetter schlagartig besser, die sonne drückt und ich freue mich am Blau, das zwischen den Wolken hindurch sichtbar wird und am Wasser, das bereits wieder glatt und ruhig geworden ist. Ich schwimme weiter und auf einmal sehe ich beim Seitenblick unter Wasser, dass sich ein Schwimmer zu mir gesellt. es ist Stefan vom Begleitboot, der reinsprang, um mich eine Zeitlang zu begleiten. Das ist eine riesige Motivation für mich, ich kann auf einmal das Tempo regelrecht anziehen, sodass wir uns ein kleines Rennen liefern. Nach etwa 2 Kilometern gönnen wir uns einen Trinkhalt und ich hörte von einem anderen Boot Jemanden rufen «hey man good job, good job…» ein Australier, der einen Teamschwimmer begleitet; diesen haben wir auf den letzten zwei Kilometern übrigens regelrecht abgehängt. Die Teams wechseln alle Stunde den Schwimmer.
Weiter geht’s, vorbei an Herrliberg, Erlenbach bis zum Horn von Küsnacht wo gut vier Fünftel der Strecke zurückgelegt sind und wo dann schliesslich das Ziel dieser Herausforderung, die Badi Tiefenbrunnen, in Sichtweite liegt, juppidu denke ich. Was mir aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewusst ist: Die Strecke bis ins Ziel beträgt nochmals gute fünf Kilometer, diese muss ich nun mit stetigem Blick auf das Ziel zurücklegen, zwei ganze Stunden lang und mist, das Ziel kommt einfach nicht näher. Diese letzte Etappe ist denn auch knüppelhart, schlimmer als die Wellen bei Meilen. Dank Stefan im Boot, der mit seiner Trompete immer wieder Stimmung macht, erreiche ich nach 11:50h überglücklich das Ziel, wo mich meine Liebsten mit einem Transparent mit „hopp Roland“ empfangen und ich froh bin, nach dieser langen Zeit wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Festen Boden darum, weil es auf der ganzen Strecke verboten ist das Boot zu berühren, geschweige denn zu besteigen oder ans Ufer zu schwimmen. Ich bin auch glücklich, die Strecke ohne Neopren geschwommen zu haben, obwohl ich mit Neo wahrscheinlich mindestens eine Stunde schneller gewesen wäre.
Alles in allem war es ein super Erlebnis, welches ich nächstes Jahr gerne wiederholen möchte und jedem guten Schwimmer empfehle. Allerdings: Einen Startplatz zu bekommen, klappt meistens erst nach dem dritten oder vierten Anlauf, da die Startplätze beschränkt und sehr begehrt sind. Mehr darüber unter; http://ch.srichinmoyraces.org/veranstaltungen/zhlake
Roland Althaus
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